Diese Kamera war mein ständiger Begleiter. Bis heute hat sie einen Ehrenplatz in meinem Archiv. Mitte 1951 zogen wir von der Bahnhofstraße Nr. 1 in die Villa auf dem Hüttengelände.
10 Jahre später: Wir hatten uns nicht aus den Augen verloren. Mein Fotoapparat war inzwischen einige Klassen besser und ich war bei der Bundeswehr. In der Zeit bin ich ein einziges Mal und auf besonderem Wunsch meines Vaters in Uniform auf Wochenendurlaub nach Warstein gefahren. Ich traf einen Freund vor dem Geschäft Mestermann und der Zufall wollte es, Herr Wiemer kam vorbei. Er freute sich riesig und überredete mich mit ins Fotogeschäft zu gehen, um von mir Fotos in Uniform zu machen. Ich mochte das nicht abschlagen. Er machte dann 3 Porträtfotos, die mindestens ein Jahr in seinem Schaufenster ausgestellt waren. Das Geschäft war inzwischen an der Hauptstraße Nr. 9.
Nach der Bundeswehrzeit hatte ich bereits eine Lehre als Betriebsschlosser und Technischer Zeichner absolviert und arbeitete als Konstrukteur im Technischen Büro. Meine Aufgabe war es, Ölöfen in allen Größen und Variationen bis zur Fertigungsreife zu entwickeln. Bevor die Geräte auf der alljährlichen Hausratsmesse in Köln vorgestellt wurden, mussten die Prospekte entworfen und gedruckt werden. Nun war Heinrich Wiemer wieder gefragt. Genau mit der Kamera auf dem Foto und einigen riesigen Scheinwerfern rückte er an.
Wenn er arbeitete, war er ganz in seinem Element und nicht unbedingt zum Spaßen aufgelegt. Mit großen Papierbahnen sorgte er für einen weich verlaufenden Hintergrund. Beim Auf und einstellen der Kamera war er hoch konzentriert. Er verschwand unter dem schwarzen Tuch, murmelte sich etwas in der Bart, sprang an einen Scheinwerfer und rückte etwas daran herum und dann wieder unter das Tuch. Der Vorgang wiederholte sich einige Male und dann durfte ich auch durch das Okular sehen. Zu meiner Überraschung stand alles auf dem Kopf, aber das ging wohl damals nicht anders.
Nun kam der große Moment. Die Negativplatte wurde hereingeschoben, noch einmal ein kontrollierender Blick unter dem Tuch und dann nahm er die Kappe von der Linse und griff sich gleich darauf einen Scheinwerfer, sprang bei geöffneter Linse zwischen Ofen und Fotoapparat hin und her. Mit dem Scheinwerfer leuchtete er für ganz kurze Momente die Ecken aus und ich bekam jedes mal die Krise, weil ich davon ausging, dass er doch auch auf dem Foto zu sehen ist.
Na ja, letztendlich wusste er was er tat und seine Aufnahmen waren immer brillant.