Heinz-Dieter Gerstenköper der "Warsteiner"

Benzin im Blut

Meine Privatfahrzeuge
Ich lerne Autofahren

Aller Anfang ist nicht sooo schwer!

Fritz Wiemer , ein Arbeitskollege meines Vaters, wohnte mit seiner Familie im Nachbarhaus. Beide Söhne, Wilfried und Rolf , erlernten im Autohaus OPEL-BUSCH den Beruf des Autoschlossers. Wilfried wurde später Fahrlehrer und eröffnete drei Fahrschule. Nach langer Krankheit, endete sein Leben leider schon mit 55 Jahren.

Rolf schon als sechzehjähriger Teenager ein ein talentierter Geschäftsmann. Mit 18 Jahren gründete er schon ein Miet- und Taxi Unternehmen. Damals nicht ganz einfach, da man erst mit 21 Jahren als volljährig und geschäftsfähig galt. Sein gesetzlicher Vertreter (Vater) mußte unterschreiben, damit er seine Vorhaben ermöglichen konnte.

Rolf war aber auch ein sehr geselliger Mensch und einmal in Feierlaune, vergaß er die Welt um sich herum. Ich traf in zuletzt 2012 in Warstein.  

Die Brüder hatten immer irgendwelche Fahrzeuge, an denen sie heraufschraubten. An den Wochenenden, wenn die Werkstore geschlossen waren, konnten wir uns aus-toben. Klar, dass ich bereits als Schüler schon perfekt Auto und Motorrad fahren konnte. Als ich zu meinem Fahrlehrer TSCHÖPE zur ersten Fahrstunde ins Auto stieg, und mir Spiegel und Sitz zurecht stellte, sagte er: " Dann fahr mal los du alter Schwarzfahrer !" Mein Führerscheinlehrgang bestand aus drei Fahrstunden. Preis 148,- DM.

Die Prüfung an sich war schon kurios. Der Prüfer kam vom TÜV-Hagen und besaß selbst kein Auto, also kam er mit dem Zug nach Meschede. Unser Fahrlehrer wählte mich aus, um mit dem Opel-Record der Firma Opel-Busch den Prüfer abzuholen. Wir fuhren also zum Bahnhof. Damals dauerte die Fahrt nach Meschede in der Regel ca. 30 Minuten. Die Straße über den StimStam waren damals noch sehr schmal und in einem miserablen Zustand. Trotzdem waren wir pünktlich. Der Zug fuhr gerade ein als wir ankamen. Nach einer kurzen Begrüßung setzte sich Herr Tschöpe auf den Rücksitz und der Prüfer gab mir flüchtig die Hand und setzte sich auf den Beifahrersitz.  Auf dem Weg nach Warstein unterhielten sich meine Fahrgäste angeregt über Fußball. Tschöpe war Schalker und der Prüfer BVB-Anhänger. Dortmund hatte gegen Schalke gewonnen. Bei Busch angekommen, saßen die Prüflinge schon im ersten Stock im Prüfungsraum. Der Prüfer verabschiedete sich von mir mit den Worten: "Danke dass Sie uns abgeholt haben.Auf Wiedersehen!" Ich dachte mir: "Der hat auch einen Knall!" Verabschiedet sich und gleich sind wir wieder zusammen im Prüfungsraum. Ich saß in der letzten Reihe und kam nicht ein einziges Mal dran.

Nach einer kurzen Kaffeepause ging es ans Fahren. Ich mußte lange warten und kam als Letzter dran. Der Prüfer sah mich an, und fragte: "Hast Du mich nicht eben von Meschede abgeholt?" Ich bestätigte mit einem kurzen: "Ja!" Er rieb sich das Kinn:

"Ich habe nicht gemerkt, dass Du ein Anfänger bist! Ich dachte....., Du bist eine Angestellter von Opel-Busch.......hast Du gut gemacht........bestanden!"

Ich fand das toll. Leider ließ er an dem Tag zwei "Mitschüler" durchfallen.
      Rolf Wiemer          Wilfried Wiemer          Fritz Wiemer        Johanna Wiemer         Oma Anna                Verlobung bei Walbrecher

Und vorher gab es da noch den “Onkel Theo“ (Theodor Struwe aus Suttrop). Er arbeitete auch "auf" der Hütte und kümmerte sich um die s.g. Teerbude. Neben Heizgeräten und Autoachsen produzierten wir in großen Mengen Abwasserrohre aus Grauguss. Zum Schutz vor Rost, wurden die Rohre geteert. In einer Gitterbox tauchten die Arbeiter sie in ein heißes Teerbad. Nach dem Abkühlen verlud man die Boxen auf einen kleinen Pritschenanhänger und der Bischoff-Trecker zog sie zum Lagerplatz auf den Schlackenberg.

Das war etwas für mich. So oft ich konnte saß ich neben Onkel Theo aus Suttrop auf dem Trecker und wir pendelten zwischen Teerbude und Schlackenberg. Eines Tages fragte er mich:
“Möchtest du auch mal?“ Und ob ich wollte! Was für die Arbeiter lästig war, bereitete mir riesigen Spaß. So lernte ich als erstes mit Kupplung und Schalthebel umzugehen. Ich erinnere mich, dass meine ganze Kraft soeben ausreichte, die schwere Kupplung durchzutreten.
Einzylinder Diesel-Viertakt-Motoren Werke Mannheim-Fünfgang (Benz)-1178 ccm-15 PS-20 km/h-2,62 m Länge- Leergwicht-produziert in Bochum
Und dann war da noch “ Onkel Theo“ (Theodor Struwe aus Suttrop). Er arbeitete auch "auf der Hütte" und kümmerte sich um die Teerbude. Neben Heizgeräten und Autoachsen produzierten wir jede Menge Abwasserrohre aus Grauguss. Zum Schutz vor Rost, wurden die Rohre geteert. In einer Gitterbox tauchten die Arbeiter sie in ein heißes Teerbad. Nach dem Abkühlen verlud man die Boxen auf einen kleinen Pritschenanhänger und der Bischoff-Trecker zog sie zum Lagerplatz auf den s.g. Schlackenberg.

Das war etwas für mich. So oft ich konnte saß ich neben Onkel Theo aus Suttrop auf dem Trecker und wir pendelten zwischen Teerbude und Schlackenberg. Eines Tages fragte er mich: “Möchtest du auch mal?“ Und ob ich wollte. Was für die Arbeiter lästig war, bereitete mir riesigen Spaß. So lernte ich als erstes mit Kupplung und Schalthebel umzugehen. Ich erinnere mich, dass meine ganze Kraft soeben ausreichte, die schwere Kupplung durchzutreten.

HORCH M40 Funkgeländewagen Typ 901, eine Hinterlassenschaft des Zweiten Weltkrieges. Die Wiemer-Jungs, Rolf und Wilfried und ich, hatten das Fahrzeug irgendwo aufgetrieben und fahrtüchtig gemacht. Das Werksgelände, mit dem Schlackenberg und dem kleinen Wäldchen, war unsere Teststrecke. Ewig war der Tank leer und Geld für Sprit hatten wir nicht. Nach Feierabend zogen wir los und zapften mit einem Schlauch die Tanks der abgestellten Werks-LKW an. Immer nur in kleinen Mengen aber von vielen Autos. Auf diese Weise blieben wir unentdeckt. Es waren genug Autos da und unser 20 Liter Kanister wurde immer voll.
Dieses Auto, ein ehemaliges Militärfahrzeug kannte keine Hindernisse, denn es hatte Allrad-Lenkung und Allrad-Antrieb.

Es gab einen kleinen Fuhrunternehmer in Warstein, der u. A. das Sägewerk der Warsteiner-Eisenwerke (Hütte) “An der Treise“ regelmäßig freitags mit Langholz belieferte. Er führte die Ackerpferde am Langzügel aus dem Wald in Richtung Bahnhof und dann weiter die Kreisstraße Richtung Suttrop hoch. Da, wo man heute nur noch links zum Anstaltsgelände abbiegen kann, gab es in den Fünfzigern eine weitere Straße nach rechts, zur NTreisequelle vorbei am s.g. Kohlenschoppen und hinauf zum Sägewerk. Im Winter bei Eis und Schnee versagten die Pferde regelmäßig auf halber Strecke. Sie blieben stehen oder rutschten auf eisigem Boden aus und verletzten sich oft sehr schwer. Sie bluteten häufig sehr heftig an den Beinen und Köpfen. Der Fuhrunternehmer war ohne Mitgefühl den Tieren gegenüber, er drehte dann erst richtig auf, schrie auf die armen Kreaturen ein und schlug sie immer wieder mit einem sandgefüllten Fahrradschlauch. Wenn diese völlig verängstigt und laut schreiend zu Fall kamen, wurde er noch brutaler und schlug noch fester zu. Ich war kein Weichling, aber mir kamen unvermeidlich die Tränen.

Den brutalen Umgang mit den hilflosen und geschundenen Kreaturen nahm kaum jemand war, weil sich die Straße hinter dem s.g. Schlackenberg befand und das nächste bewohnte Haus 100 Meter weiter entfernt war.

Es tat mir in der Seele weh, die Quälerei mit ansehen zu müssen. Ich musste handeln! Die Holzlieferungen erfolgten immer freitags und zusammen mit Rolf Wiemer passten wir den Fuhrunternehmer ab und machten ihm den Vorschlag, unseren HORCH Geländewagen vor die Pferde an die Deichsel zu spannen und dann mit den Pferden gemeinsam die Fuhre zum Sägewerk zu ziehen. Erst maulte er rum und lehnte den „Quatsch“ ab. Als ich damit drohte, die Tierquälerei dem Firmenchef, Dr. Franz Laaf, zu melden, willigte er maulend ein. Mit dem HORCH, der Allradantrieb, Allradlenkung und außerdem einen bärenstarken Motor hatte, sollte es ein Kinderspiel sein, die Stämme zum Sägewerk zu schaffen. Schon als Kind kannte ich mich in den großen Werkshallen der Warsteiner-Eisenwerke blendend aus. Die Meister der Abteilungen taten mir eigentlich jeden Gefallen. Ich weiß nicht, ob sie mich meiner Selbstwillen so entgegenkommend behandelten, oder weil mein Vater täglich mehrmals mit dem Firmenchef zusammen war. Ich war felsenfest davon überzeugt, dass es meine Aura war, die sie mochten. Ich hatte es eilig, ins Technische Büro zu kommen um Berni Haferkemper (Techn. Leiter) zu bitten, mir ein Reißbrett für eine Stunde zu frei zu machen. Mit den Worten: „Nimm meins!“ war die Sache klar. Es war nichts Besonderes, wenn ich im Technischen Büro auftauchte. Ich hatte schon meine erste Seifenkiste mit Hilfe von Franz-Josef Willecke konstruiert und damit auch einmal den 2. Platz belegt. Sofort klebte ich mir ein großes Blatt Zeichenpapier auf das Zeichenbrett und legte los. Clemens Hiegemann und Robert Bigge pirschten sich neugierig an mich heran. Robert fragte nur: “Naaaa?“ Ich tat so, als ob ich nichts gehört hätte. Jetzt fragte Clemens: „Was gibt das denn?“ Mir fiel nichts Besseres ein: “Ein Pferdezuganker!“ Robert sagte fragend: “He, was?“ als ich nichts antwortete, trollten sich beide. Bei der Bemessung der Stahlstärken war ich auf fremde Hilfe angewiesen. Ich hatte mir solche Berechnungsformeln mal angesehen, aber nicht verstanden. Berni sagte, dass er die Materialstärken so “pi-mal-daumen“ überschlagen hätte, aber zur Sicherheit sollte ich alles um ein Drittel stärker machen.

Meine Halterung beruhte auf einem simplen System: Den Bügel über die Anhängerkupplung und an das andere Ende mit einer Art langen Zange über die Deichsel. Je mehr ich mit dem HORCH anzog, um so fester wurde die Zange. Zum Abnehmen der Vorrichtung, einfach nur den HORCH einige Zentimeter zurückfahren und die Deichsel war wieder frei.

Der Tag der Wahrheit rückte näher und ich war sogar einmal etwas nervös. Rolf kam mir zu Hilfe. Sein älterer Bruder Wilfried war unerwartet dazugestoßen und gab die Kommandos. Es klappte! Die Pferde brauchten sich überhaupt nicht anzustrengen und der Fuhrunternehmer schlug nicht auf die Tiere ein und ich war stolz wie Oskar.  Der Chef des Sägewerkes legte sich den “Pferdezuganker“ mit den Worten beiseite: “Man kann ja nie wissen!“

Inzwischen war unser seltsames Treiben aufgefallen und plötzlich tauchte auch noch unser Dorf-Sheriff Wachtmeister Schulze aus Suttrop auf. Das Schlimme an der Sache war, Schulze kam nicht, weil der Fuhrunternehmer die Tiere gequält hatte, er kam, weil man im erzählt hat, dass da ein junger Pimpf (ich) mit einem Militär-LKW in der Gegend herumfährt.

Mehr und mehr gesellten sich irgendwelche Schlaumeier dazu und gaben ihre Kommentare ab. Durchweg Blödsinn, aber man hatte seine Meinung gesagt. „So ein Schnösel, hat keinen Führerschein aber fährt Auto. Wenn da mal was passiert, ist ja lebensgefährlich! Um Frieden zu stiften, bot ich den Kindern an, mit mir eine Runde über den Schlackenberg zu fahren. „Der darf das nicht!“ rief ein Mann aus der Runde. „Greifen Sie mal ein, Schulze!“ 

Schulze kniff mir ein Auge zu und flüsterte: „Ich fahre auch mit.“ In die Runde erklärte er: „Der darf das, hier ist reines Privatgelände.“ Die Sache war erledigt!

Ach ja, Schulze verwarnte noch den Unternehmer und gab ihm den Rat, sich einen Trecker anzuschaffen. Im Herbst verkaufte er die Pferde an einen Bauer in Soest. Von da an lieferte Langholz zwar noch mit Pferdestärken (PS) aber die kamen aus einer Maschine.

Irgendwie mochte mich Schulze wohl, er kam er immer öfter zu Besuch, um mit meinen Eltern über mich zu sprechen.

Dass Rolf und ich keinen Führerschein hatten und noch lange keine 18 Jahre alt waren, störte Wachtmeister Schulze nicht, weil wir uns immer auf dem Werksgelände befanden. Als ich jedoch ein Jahr später eine 250er CZ (Tschechisches Militärmotorrad) besaß, aber noch keinen Führerschein hatte und das Motorrad weder angemeldet noch versichert war, mochte Schulze das gar nicht. Im Oberhagen, außerhalb des Werksgeländes lieferten wir uns einige Wettfahrten aber es ist ihm nie gelungen, mich zu stellen. Mein Motorrad war für Geländefahrten gebaut und seins für Straßenbenutzung. Er hatte keine Chance. Aber er war ja nicht dumm, er befragte die Anwohner, wer denn da immer mit dem Motorrad im Oberhagen herumfährt.  Dann war es soweit. An einem schönen Sommerabend saß er mit meinem Vater unter unserer Buche (wir wohnten in der Werksvilla) bei der 3. Flasche Bier, als ich vorfuhr. Freudig erregt rief er: "Ach, da ist ja unser Enzo Ferrari!" Er forderte meinen Vater mit den Worten auf: "Heini, jetzt sag aber mal was." Mein Vater wiederum sagte: "Wieso ich, Du bist doch der Polizist." Schulze hielt mir einen Vortrag und ich hörte zu und benahm mich so, als ob mich das interessierte, was er von sich gab. Ich gab ihm in allen Punkten Recht und fragte ihn dann, ob ich jetzt ins Haus gehen dürfte. „Siehste Heini, so macht man das, das ist Psychologie!“ Und schon waren sie wieder beim Thema Fußball. Über Schwarz/Weiß Suttrop wurde schwadronierte. Ich glaube, das Spiel wiederholte sich noch zwei, bis dreimal, das Schulze bei uns war, bis ich dann endlich einen Führerschein hatte, Klasse 3 bei Opel Busch: 2,5 Fahrstunden = 148,-- DM. Die Originalrechnung besitze ich heute noch. Ich habe am Wochenende von meinem 16. Lebensjahr an so viele Fahrstunden mit den Werksfahrzeugen genommen, dass ich die Verkehrsregeln zwar beim Moped fahren gelernt habe, aber den Umgang mit den Fahrzeugen aller Art mir autodidakt in meiner Fahrschule WARTSTEINER-EISENWERKE vom PKW bis zum LKW auf dem Werksgelände selbst beigebracht habe:

"Learning bey doing"



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